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Splinter Cell- Microsoft XBox

Patriotismus und Ehre sind zwei der Hauptbestandteile der Werke des amerikanischen Romanautors Tom Clancy. Und obwohl seine Romane aufgrund stereotyper Feindbilder und der Verherrlichung des U.S. Militärs oft auf heftige Kritik stoßen, finden sie doch reißenden Absatz. Schon vor einigen Jahren hat der Publisher Ubi Soft bemerkt, dass sich Clancy’s kriegerische Szenarien wunderbar in einem Videospiel verwursten lassen, und erwarb für viel Geld die Exklusivrechte an Clancy’s Namen und Material. Es folgten einige mittelmäßige, aber recht erfolgreiche Taktikshooter, von denen ich die Episode „Roque Spears“ auf Dreamcast selbst besessen habe.

Da ich aber nach einigen Spielstunden feststellen musste, dass ich es hier mit einem der schlimmsten Gurken zu tun hatte, die je mein geliebter Dreamcast ertragen musste, wechselte das Spiel schnell wieder seinen Besitzer, und ich beschloss, um Tom Clancy Spiele vorerst einen weiten Bogen zu machen. Dass ich mir mit „Splinter Cell“ nun doch wieder einen Titel der Clancy Reihe geholt habe, hat zwei Gründe: zum Einen stammt das Spiel von einem anderen Entwickler, und zum Anderen wurde es von der Fachpresse regelrecht mit Lorbeeren überschüttet. Ob meine „Clancy- Phobie damit geheilt wurde oder nicht, lest ihr hier.

Splinter Cell ist kein teamorientierter Taktikshooter wie seine Vorgänger, sondern ein sogenanntes „Stealth- Action- Game“. Als Einzelkämpfer gilt es, vielfältige Gerätschaften zu nutzen um eure Gegner möglichst lautlos auszuschalten.


STORY
Wir schreiben das Jahr 2004. Durch einen Putsch erlangt Kombayn Nikoladze die georgische Präsidentschaft. Als zwei amerikanische Spione aus Nikoladzes Kabinett spurlos verschwinden, tretet ihr auf den Plan. Als Sam Fischer, seines Zeichens Spezialagent der supergeheimen Organisation „Third Echelon“ und obercooler Kriegsveteran geht ihr der Sache auf den Grund. Ein paar tote Georgier später stellt ihr fest, dass nicht nur die beiden Agenten ermordet wurden, sondern auch, dass Nikoladze mit Hilfe von Spezialeinheiten ganz Aserbaidschan unterwandert hat. Ein rascher Militärischer Befreiungsschlag gegen diese Spezialeinheiten gelingt zwar, jedoch startet Nikoladze sofort einen gezielten Gegenschlag auf die Informationssysteme der USA. Bei euren weiteren Ermittlungen stoßt auf allerlei weitere Verschwörungen; Atomwaffen und chinesische Kollaborateure inklusive.

Ihr merkt wahrscheinlich schon: auch wenn Tom Clancy nichts mit der Story zu tun hatte, passt sie haargenau in sein Raster: Die bösen Kommunisten bedrohen die Welt, und die guten amerikanischen Geheimdienste sorgen für Recht und Ordnung. Dazu noch ein abgebrühter Kriegsveteran, ein paar patriotische Sprüche, und der Clancy Roman ist perfekt. Leider wird die Story mit der Zeit immer abgedroschener und klischeehafter (was nicht heißen soll, dass sie das nicht auch schon zu Beginn ist), und die Schlussszene ist eine der Unbefriedigensten, die ich je gesehen habe. Auch die Zwischensequenzen zwischen den Missionen sind ziemlich lieblos und öde: viel mehr als ein Zusammenschnitt der Nachrichten des Tages und eine kleine Besprechung mit eurem Chef sind nicht drin. Was den Karren allerdings wieder aus dem Dreck zieht, ist die Entwicklung der Story während der Missionen selbst: wo bei anderen Spielen die Handlung während des Spiels stillsteht, haben es die Entwickler geschafft, eure Aufgaben eng mit der Geschichte zu verweben, habt ihr ein Ziel erfüllt, bekommt ihr die Auswirkungen sofort zu spüren: die Charaktere reagieren auf die neue Situation, ändern ihre Strategie, und zwingen euch ebenfalls zu vorher nicht eingeplanten Handlungen.

Um in den sehr komplexen Levels bestehen zu können ist vor allem eins Pflicht: bleibt unbemerkt! Oft bricht euer Vorgesetzter, ein Herr Lambert die Mission ab, wenn zu oft Alarm ausgelöst wurde, und in manchen Missionen gilt sogar: töten verboten! (logischerweise immer dann, wenn ihr in eurem Heimatland unterwegs seid, schließlich ist das Leben eines Amerikaners mehr wert, als das eines Kommunisten…).

Um den Aufgaben eures Chefs nachzukommen, greift ihr auf verschiedenste Bewegungen und Gadgets zurück:


SAM- DER MENSCH
Sam verfügt über eine Unmenge cooler Fähigkeiten, die er sich während diverser Kriege angeeignet hat. Wie alle anständigen Superagenten lehnt sich auch der gute Sam per Knopfdruck an die Wand, und kann so durch schmale Spalten kriechen, oder einen Blick um die Ecke werfen. Er ist außerdem ein echter Klettermaxe: mühelos erklettert er Rohre, hangelt an Dachrinnen entlang oder seilt sich an Hauswänden hinunter. Während all dieser Kunststücke kann Sam übrigens jederzeit seine kleine Handfeuerwaffe verwenden. Das coolste und zugleich nutzloseste Feature ist der Spagatsprung: in engen Gängen ist es möglich, ungefähr zwei Meter über dem Boden im Spagat zu verharren, und vorbeikommende Gegner durch einen gezielten Sprung auszuschalten. So originell und innovativ dieser Trick auch ist, leider habe ich ihn nach dem Tutorial kein einziges Mal wieder eingesetzt. Neben all diesen Hüpfereien ist auch Sams Gang enorm wichtig. Sam kann normal und geduckt gehen, wobei letzteres wesentlich geräuschärmer ist. Außerdem könnt ihr auf vielfältige Weise mit euren Gegnern interagieren: ihr könnt sie greifen, verhören, als Schild benutzen, niederschlagen, herumtragen und dazu zwingen, verschlossene Türen zu öffnen.


SAM- DIE MASCHINE
Sam wäre kein echter Geheimagent wenn nicht sein hautenger Taucheranzug mit massenweise nützlichen Utensilien vollgestopft wäre. Den unspektakulären Anfang macht eine kleine Automatikpistole mit Schalldämpfer, die nur bei Kopfschüssen sofort tödlich ist. Der Dietrich ist ein an sich gewöhnliches Zubehör, jedoch ist seine Anwendung genial innovativ: ihr seht das zu öffnende Schloss von innen, und müsst nun durch Rotation und gefühlvolle Rüttler mit dem linken Analogstick Bolzen für Bolzen umgehen. Eine Rumblefunktion signalisiert euch dabei die Stelle, an der ihr Rütteln müsst. Lasermikrofon, Haftmine oder flexible Optik sind nur ein geringer Teil eures ständig anwachsenden Inventars. Im zweiten Drittel des Spiels findet ihr dann das Allzweckautomatikgewehr, das Elektroschocker, Gasgranaten, Ablenkungssysteme und vieles mehr verschießt. Des Weiteren verfügt es über einen Zoom Modus. Es gibt übrigens keinerlei automatische Zielhilfen. Mit der X-Taste wechselt ihr in den Feuermodus, und zielt wie in einem Ego Shooter. Euer wichtigstes Utensil nach dem Gewehr ist euer Sichtgerät: Nachtsichtgerät und Wärmebildgerät verschaffen euch in dunklen Ecken Vorteile gegenüber eurer Gegner.

Wer jetzt glaubt das war’s schon, der ist auf dem Holzweg: alle Fähigkeiten und Goodies aufzuzählen, die euch zur Verfügung stehen würde wohl den Umfang des Berichts verdoppeln. Die Entwickler haben sich redlich Mühe gegeben, für ein abwechslungsreiches Gameplay zu sorgen und den Ansprüchen eines Superagenten gerecht zu werden. Leider ist ein Teil des Inventars überflüssige Spielerei und wird während des gesamten Spiels kaum bis gar nicht gebraucht, jedoch fordert das geschickte Leveldesign zumindest den gezielten Einsatz grundlegender Utensilien wie Nachtsichtgerät, Dietrich, Lasermikrofon oder Haftmine. Bei so viel Aktionsvielfalt lässt sich eine komplexe Steuerung natürlich nicht vermeiden. Versucht lieber erst gar nicht, die Kommandos mithilfe der Anleitung auswendig zu lernen, sondern spielt lieber gleich das Tutorial, und spätestens nach der zweiten Mission habt ihr die Steuerung dann intus. Glücklicherweise ist das Buttonlayout sehr logisch aufgebaut, und vermittelt euch das Gefühl der totalen Kontrolle. Ach ja: um Verkrampfungen vorzubeugen, holt euch den „Controller S“. Das macht das Spielen nicht nur angenehmer, sondern auch einfacher.

(KÜNSTLICHE) INTELLIGENZ
„Splinter Cell“ ist eine harte Nuss. Das liegt vor allem an der genial hohen KI eurer Feinde. Seltsame Schatten oder unvorsichtige Schritte alarmieren sie sofort. Sie sind in der Lage, Lichtschalter zu betätigen, oder ohnmächtige Kameraden wieder wachzurütteln. Wenn sie euch ausgemacht haben, stürmen sie nicht blind drauflos, sondern suchen Deckung hinter der nächsten Ecke. Zahlreiche deutsche Sprachsamples passen immer genau zur Situation, und hauchen dem Wachpersonal Leben ein. Der von den Verwandten des Genres bekannte Radar fehlt bei Splinter Cell komplett: obwohl ihr manchmal auf eine sehr grobe Karte des Einsatzgebietes zugreifen könnt, seit ihr beim Erfassen der Situation auf das beschränkt, was Sam sehen kann. Das hat positive, aber auch negative Auswirkungen. Die Ungewissheit zwingt euch zu äußerster Vorsicht: während ihr euch in alle Richtungen umseht, rückt ihr zentimeterweiße vor, und schleicht euch von Schatten zu Schatten. Spannung pur! Leider erreicht das Spiel so aber auch einen hohen „try and error“ -Faktor. Beim ersten Versuch, ein Areal zu erschließen, werdet ihr trotz vorsichtiger Vorgehensweise oft von irgendeinem Wächter entdeckt, der in den verwinkelten Gängen euren Weg kreuzt.

Erst nachdem ihr alle feindlichen Laufwege auswendig gelernt und einen Weg gefunden habt, die Patroullien geräuschlos auszuschalten, ist es möglich, das Gebiet zu durchqueren. Erschwerend kommt noch hinzu, dass ihr während der zehn Missionen nur an bestimmten Stellen abspeichern könnt, und das auch nur ein einziges Mal. Dieser Mangel im Leveldesign wird aber ausgeglichen durch andere, scheinbar aussichtslose Situationen, in denen es möglich ist, durch Einfallsreichtum und kreatives Ausnutzen eurer Gadgets auf anhieb euer nächstes Ziel zu erreichen. Alles in allem überwiegt die Lust deutlich den Frust, und der hohe Schwierigkeitsgrad zieht das eigentlich sehr kurze Spiel auf eine gerade noch erträgliche Länge von ungefähr 15 Stunden.


LICHT UND SCHATTEN
Das Feature, das den Hype um Splinter Cell ausgelöst hat, ist die geniale Schattenengine. Mit Hilfe der neuen Unreal 2 Engine , habe es die Entwickler geschafft, ein interaktives Lichtsystem zu entwickeln, wie es vorher noch nie zu sehen war. Abhängig von den im Raum verteilten Lichtquellen wirft jeder Charakter und jedes größere Objekt einen realistischen Schatten, und ist auch mehr oder weniger gut zu sehen. Außerdem ist es möglich, fast alle Lampen zu zerschießen, und so für eine völlig neue Situation zu sorgen. Das alles ist zum Glück keine Technikspielerei, sondern ein wesentliches Gameplayelement: Anhand einer Balkenanzeige am unteren rechten Bildschirmrand könnt ihr erkennen, wie stark ihr von Licht bestrahlt werdet, und dementsprechend deutlich sichtbar seid.

Das Schattenfeature ist eine echte Innovation, und das fesselndste Spielelement von Splinter Cell: In grießeliger Nachtsichtoptik schleicht ihr von Schatten zu Schatten, durchquert unerkannt düstere Gänge, und beobachtet mit rasendem Puls, wie eine Wache nur wenige Meter an euch vorbespaziert. Auch wenn man sich beim spielen vielleicht die Frage stellt, warum das Auto keinen Schatten wirft, oder warum man eine Glühbirne nicht einfach aus der Fassung schrauben kann, wurde das Element „Licht und Schatten“ so real und packend umgesetzt, dass man es auch in anderen Spielen nicht mehr missen möchte.


TECHNIK ALLGEMEIN
Wie nicht anders zu erwarten, leistet die Unreal 2 Engine auch sonst gute Dienste. Die Levels sind fantastisch texturiert und strotzen nur so vor Details. Sam ist wie auch alle anderen Charaktere hervorragend modelliert und sehr geschmeidig animiert. Zusammen mit den dezent eingesetzten Spezialeffekten und den schon erwähnten Lichteffekten wird ein düsteres, atmosphärisch dichtes Spielerlebnis geschaffen, dass die Grenzen zwischen Spiel und Realität ab einer gewissen Distanz verschwinden lässt, und endlich ansatzweise zeigt, was die XBOX kann. Wenn man unbedingt möchte, könnte man das ziemlich langweilige Charakterdesign als Minuspunkt werten, aber ich lass das lieber, und ergötze mich stattdessen am heißesten Feuer der Videospielgeschichte…

Das mit dem Sound ist so eine Sache. Eigentlich sollte ich euch jetzt von den tollen Surround Effekten erzählen, die von der XBOX in feinstem Dolby Digital ausgegeben werden, das Problem ist nur: mir fehlt die passende Anlage. Was meine mickrigen Fernseherboxen rüberbringen ist die großartige deutsche Sprachausgabe, die recht unauffälligen SFX und der genretypisch situationsbedingte Soundtrack. Wie bei anderen Stealth Action Games, wechselt die militärische Hintergrundberieselung in dramatisches Gelärme sobald ihr entdeckt werdet.


FAZIT
Aufgrund der endlosen Vorschusslorbeeren durch die Fachpresse („bestes XBOX Spiel“, „Systemseller“…), und das begeisterte Echo vieler anderer Spieler hatte ich eigentlich damit gerechnet, dass Splinter Cell locker 9 Punkte einsacken würde. Leider finden sich jedoch einige Kritikpunkte, die die Qualität des Spiels etwas nach unten ziehen. Neben einigen kleinen Schnitzern (warum muss ich die Vase vor meinen Füssen zerschießen, und kann sie nicht einfach umstoßen?) fallen vor allem verschiedene unfaire Stellen und die todlangweiligen Zwischensequenzen negativ auf. Auf der Habenseite verbucht Splinter Cell die grandiose Technik, die unglaubliche Aktionsvielfalt sowie das fantastische Schattenfeature. Alles in allem bekommt ihr spannende, anspruchsvolle Stealth-Action geboten, die ungeduldige Naturen schnell nerven, Taktiker jedoch ordentlich fordern wird. Obwohl es nicht perfekt ist, übertrifft Splinter Cell uninspirierte Standartsoftware in jeder Beziehung und kuriert meine Phobie ;)

+Tolle Technik
+Extrem abwechslungsreiches Gameplay
+massig Moves und Gadgets
+Schön fordernd

-langweilige Story & Charaktere
-manchmal frustig

GAMEPLAY 8.5
abwechslungsreiche, fordernde Schleichaction für Geduldige; Spieldauer maximal 15h

GRAFIK 9.5
Konstante Framerate, tolle Lichteffekte, detaillierte Charaktere und Umgebungen

SOUND 8.0
Tolle Sprachausgabe, ordentlicher Soundtrack

GESAMT 8.5



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von Kim Jae Hoon