Colin
McRae Rally 2.0 - Sony Playstation
Vor
knapp zwei Jahren bewies Codemasters mit Colin McRae Rally,
dass jenseits der actionorientierten Sega Rally-Richtung
auch realitätsnahe Offroad-Spiele konsolentauglich
sind. Die Rennsportgemeinde stimmte begeistert zu und erkor
die Wald- & Wiesen-Raserei zum Vorzeigetitel, den selbst
V-Rally 2 nicht vom Thron stoßen konnte. Statt schnell
einen Nachfolger hinterher zu schieben, ließ sich
das britische Entwicklerteam viel Zeit, um den Schotten
auch beim zweiten Teil gebührend in Szene zu setzen.
Die
lange Warterei hat ab Juni ein Ende, Rally-Fans steigen
ein weiteres Mal zu Co-Pilot Nicky Grist ins Cockpit und
wagen einen Angriff auf den Weltmeistertitel. Wieder geht
die Tour durch acht Länder, allerdings in frischer
Zusammensetzung: Neuseeland und Indonesien bleiben diesmal
außen vor, während Frankreich mit einem einzigen
Lauf abgespeist wird (im Vorgänger gab es noch zwei
getrennte Rennen auf Korsika und im Steuerparadies Monte
Carlo). Erhalten blieben die spiegelglatten Schnee- und
Eispisten Schwedens ebenso wie das trockene Griechenland,
das heiße Australien und als fordernder Abschluss
eine Fahrt durch das verregnete und von Schlammabschnitten
gezeichnete Großbritannien. Neu ins Programm rücken
Finnland mit seinen kargen Landschaften sowie eine reine
Teer-Rally in Italien und zum ersten Mal ein afrikanisches
Land: Kenia vertritt den schwarzen Kontinent.
Das Hauptaugemerk liegt auch bei Colin McRae Rally 2.0 auf
Realitätsnähe: Wie gehabt tretet Ihr in den Wettbewerben
(alternativ die komplette Meisterschaft oder eine einzelne
Rally bzw. Etappe) indirekt gegen das fünfzehnköpfige
Gegnerfeld an. Auf den nur selten für Hochgeschwindigkeit
ausgebauten Kursen seid Ihr stets alleine, konkurrierende
Fahrzeuge trefft Ihr folgerichtig keine an. Alleine Euer
Co-Pilot ist dabei und informiert euch genau über den
Pistenverlauf, damit Ihr Euch auf die Beherrschung des Fahrzeugs
konzentrieren könnt: Unüberlegte Bleifüße
haben ein Abonnement auf die hinteren Plätze, Spitzenpositionen
sind für Lenker mit dosiertem Gaseinsatz und geschicktem
Umgang mit Hand- und normaler Bremse reserviert. Nur der
unkomplizierte Kampf gegen die Uhr zählt: Wer am Ende
die geringste Gesamtzeit vorweist, darf den Sieger-Sekt
kosten. Verfehlt Ihr dagegen einen Platz unter den ersten
Sechs, ist Eure WM-Karriere schon wieder vorbei. Eine Ausnahme
von der Regel bilden alleine die Schlussetappen jeder zweiten
Rally bei diesen Super Special Stages tretet Ihr
auf einem Rundkurs gegen einen unmittelbaren Konkurrenten
an, der allerdings versetzt zu Euch startet, sodass Ihr
Euch nie begegnet. Geht Ihr aus diesem Duell siegreich hervor,
winken Belohnungen wie neue Cheats und Automobile. Um Euch
für diese Herausforderung fit zu machen, steht praktischerweise
eine Wettkampf-Option zur Wahl, mit der ihr bereits erfahrene
Stages auch außerhalb einer Rally übt.
Für
einen Schuss Action und Abwechslung spendierte Codemasters
außerdem den Arcade-Modus. Hier geht es (komplett
mit treibender Hintergrundmusik) auf acht eigens dafür
konstruierten Pisten rund: Ihr kabbelt Euch mit fünf
aggressiven Computerfahrern in klassischer Rennspiel-Manier
wer hier als erstes nach mehreren Runden die Ziellinie
überquert, ist folgerichtig der Sieger. Colin McRae
Rally 2.0 wuchert mit seiner Streckenzahl: Jedes Land umfasst
zehn Etappen, die Ihr allerdings großteils erst erspielen
müsst. Wer in der Anfänger-Einstellung die Gegner
abhängt, kommt nämlich nur in den Genuss der ersten
vier Abschnitte, die letzten beiden sind erfolgreichen Profis
vorbehalten. Je nach Schwierigkeitsgrad kämpft Ihr
zudem mit unterschiedlichen Wetterbedingungen: Während
Euch Trockenheit bei strahlender Sonne vor keine Schwierigkeiten
stellt, strapazieren Schneefall, Regenschauer und Stürme
das Material ebenso wie Eure Fahrkunst ganz besonders,
wenn zudem eine Nachtfahrt ansteht.
Wegweisend
für den Erfolg sind Eure Abstimmungskünste. Zu
Beginn und danach alle zwei Etappen macht Ihr einen Abstecher
ins Fahrerlager: Hier studiert Ihr Kursverlauf und Wetterbedingungen
der bevorstehenden Abschnitte, präpariert Euer Fahrzeug
und behebt Materialschäden, die sich auch optisch bemerkbar
machen: Behandelt Ihr Euer Gefährt zu ruppig und mutet
ihm laufend Vollkontakt mit Bäumen und Mauern zu, tauchen
schnell Blessuren wie zerbrochene Lichter und Fensterscheiben
auf, aber auch sichtbare Dellen im Blech oder abgerissene
Spoiler. Im Vergleich zum Vorgänger habt Ihr auf deutlich
mehr Komponenten Einfluss, aber bei Reparaturen auch mehr
mit der Zeit zu kämpfen: Elf verschiedene Elemente
wie Getriebe, Karosserie, Lenkung oder Elektrik wollen gewartet
werden; ein Schadensbalken gibt Auskunft, zu wieviel Prozent
ein Teil beschädigt ist. Dabei gilt es abzuwägen,
welche Macke Ihr behebt, denn eine Reparatur dauert diesmal
immer gleich lange, egal wie groß der Defekt ist.
Tretet Ihr mit Freunden an, steht ein Splitscreen (horizontal
oder vertikal) zur Verfügung. Erfreulicherweise sind
mit Ausnahme des Zeitrennens alle Spielvarianten wählbar:
Bei den Rallys kommt Ihr Euch nicht ins Gehege, auf der
Jagd nach Sekundenbruchteilen muss also kein Teilnehmer
eine verhängnisvolle Kollision mit dem anderen fürchten.
Anders sieht es im Arcade-Modus aus: Der Rest vom Feld nimmt
sich zwar eine Auszeit, dafür dürft Ihr Euch gegenseitig
nach Lust und Laune mit Blechkontakt von der Piste drängeln.
Evolution
statt Revolution: Wer sich bei Colin McRae Rally 2.0 ähnlich
auffällige Änderungen versprochen hat wie bei
der französischen Konkurrenz V-Rally, wird leicht enttäuscht
sein. Einzige echte Neuerung ist der Arcade-Modus, der
aber als reines Bonus-Feature für zwischendurch zu
sehen ist: Für mehr reicht die hektische Balgerei nicht,
was etwas schade ist eine Rennvariante nach Sega
Rally 2-Art wäre witziger gewesen. Ansonsten hat sich
Codemasters auf Detailverbesserungen konzentriert, die einwandfrei
gelungen sind: Das Fahrverhalten ist noch eine Spur anspruchsvoller,
ohne gezielten Handbremseneinsatz seht Ihr in höheren
Spielstufen kein Land. Die Automodelle schlagen trotz teilweise
etwas grober Texturen die gesamte Konkurrenz. Rauscht Ihr
über Wiesen und Geröll, spritzt unter Euren Reifen
Gras und Kies weg. Schattenseite der Detailspielereien ist
jedoch, dass diesmal Pop-Ups sichtbarer sind und die Bildrate
(besonders auffällig im Splitscreen) nicht das Niveau
des Vorgängers erreicht zum Glück halten
sich die Nachteile jedoch in so engen Grenzen, dass ich
"Colin 2.0" jedem Rally-Fan bedenkenlos ans Herz
lege.
Auf
den ersten Blick war die Enttäuschung gross: Grobe
Pop-Ups, schwankende Bildrate und deutlich langsamerer Zweispieler-Modus
haben die Entwickler den technischen Fortschritt
verpennt? Doch nach einiger Spielzeit beruhigt sich das
aufgebrachte Gemüt, und Ihr lernt die Detailverbesserungen
schätzen. Das noch ausgefeiltere und äußerst
anspruchsvolle Fahrverhalten wird Einsteigern zwar Probleme
bescheren, dafür brechen "Colin McRae"-Fans
beim gefühlvollen Kurvenschleudern in Freudentränen
aus. Auch die Optik steigert sich mit jedem Austragungsort
und fasziniert mit coolem Sonneneffekt und realistischem
Schadensmodell, bei dem sogar der demolierte Kofferraumdeckel
auf- und zuklappt. Der rucklige Arcade-Modus dagegen ist
mit Grafikbugs und fehlenden Details ein Trauerspiel.
©
2002 veröffentlicht bei dooyoo.de
unter dem Nick Trimmi21.
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