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Grandia II - Sega Dreamcast

Nach den doch recht stressigen Erlebnissen mit Ikaruga hatte ich etwas Ausgleich nötig. Zufällig entdeckte ich einen alten, recht weit fortgeschrittenen Spielstand des Rollenspiels Grandia 2 auf meiner Memorycard, und machte mich daran, das Spiel endlich durchzuzocken. Eins vorweg: Grandia 2 fordert zwar keine blitzartigen Reflexe von euch, dafür aber einiges an Taktiksinn. Mein Bericht beruht auf der, bis auf das Handbuch, komplett englischen Dreamcastversion des Spiels. Das Spiel wurde vor einiger Zeit auf PS2 umgesetzt, leidet aber an der arg schlampigen Konvertierung: verglichen mit der DC Version ist die Sony Variante weniger farbenfroh und flimmert stark. Außerdem hat sich Ubi Soft auch hier eine deutsche Sprachvariante gespart. Wer die Wahl hat, sollte also die Dreamcast Variante bevorzugen.

WER, WIE, WAS, WARUM?
Handlungsort des Spiels ist eine knallbunte, japanische Fantasywelt, in der die beiden Götter Granas (der gute) und Valmar (ratet mal…?) seit jeher im Clinch liegen. Der Sage nach hat Granas seinem Widersacher allerdings vor langer Zeit eins mit seinem Megaschwert, dem Granasaber übergezogen, und dabei eine fette Schneise, die Granacliffs, in die Welt gehauen. Anscheinend hat sich Valmar nun aber von seinen Kopfschmerzen erholt, und greift erneut nach der Herrschaft über die Welt. Ihr spielt den Geohound(=Kopfgeldjäger) und Rumtreiber Ryudo, der den Auftrag erhält, eine von Granas’ Sängerinnen sicher zu einer Zeremonie zu bringen. Bei dieser läuft allerdings einiges schief, und Valmar ergreift Besitz von Elena, der Sängerin. Sie ist fortan eine zweigespaltene Persönlichkeit, mit einer guten und einer bösen Seite. Die böse Seite wird verkörpert von Millenia, einer sexy Teufelin, die aber in ihrer arroganten Art durchaus sympathisch ist. Ihr macht euch mit Elena auf den Weg zum Papst, um sie von ihrer Besessenheit heilen zu lassen. Während eurer Reise trefft ihr neue Mitstreiter, die alle eine eigene Geschichte haben, rettet Dörfer und ganze Königreiche.

Weil eine spannende Story einer der Hauptbestandteile eines guten Rollenspiels ist, wird an dieser Stelle nicht mehr verraten, nur so viel: eure primäre Aufgabe ändert sich während des Spiels ständig, und hält euch mit immer neuen Widersachern auf Trab. Und auch das Zwischenmenschliche kommt nicht zu kurz: so buhlen nicht nur Elena und Millenia um die Gunst von Ryudo, auch unter den anderen Partymitglieder Entwickeln sich Freundschaften und Abneigungen. Leider ist die Story extrem linear: Sidequests müsst ihr mit der Lupe suchen, und Abzweigungen gibt es keine. Das hat allerdings auch sein gutes: ihr wisst immer ganz genau was zu tun ist: Leerlaufstellen habt ihr nicht zu befürchten. Tatsächlich seid ihr während der gesamten Spielzeit (bei mir knapp 50 Stunden) immer beschäftigt. Leider driftet die anfangs wirklich originelle Story gegen Ende immer mehr in nervige Esoterikregionen à la „FF the Movie“ ab, und die witzigen zwischenmenschlichen Nicklichkeiten treten in den Hintergrund. Nichtsdestotrotz bleibt das Spiel immer motivierend, da ihr endlich dieses Ekelpaket von Valmar in Stücke hauen wollt.

Die Handlung wird euch in simplen Textkästen (manchmal mit Sprachausgabe), kleinen Cutscenes oder (leider recht armseligen) Rendersequenzen nahegebracht. Alles in allem leidet die Inszenierung ein wenig darunter, dass das komplette Spiel auf nur einer GD untergebracht wurde. So hätten eine durchgehende Sprachausgabe, so wie ein paar mehr Videos der Atmosphäre durchaus gutgetan. Da ihr während des ganzen Spiels mit englischen Texten auskommen müsst, ist ein ordentliches Schulenglisch Pflicht.

AUF GEHT’S - Wie schon gesagt, ist das Spiel sehr linear, deshalb folgen auch immer wieder dieselben Spielelemente aufeinander: Zuerst haut ihr euch von einem Ort zum nächsten: ihr durchstreift gegnerverseuchte Wälder, Gebirge oder Wiesenlandschaften. Danach kommt ihr in einen neuen Ort und bezieht erst mal ein Quartier. In Grandia 2 birgt jedes Dorf ein dunkles Geheimnis in sich, das die Bewohner in Angst und Schrecken versetzt. Hilfsbereit wie ihr seid, nehmt ihr euch des Problems an, und lehrt den Monstern eines dunklen Verlieses (inklusive fettem Obermotz) das Fürchten. Nachdem ihr euch eine kräftige Portion Selbstbestätigung von den Dorfbewohnern abgeholt habt, zieht ihr weiter, und das Spielchen geht von vorne los. Leider glänzen die Dungeons nicht gerade durch großen Abwechslungsreichtum. Ihr marschiert durch platte, immergleiche Räumlichkeiten, die nur durch ein paar Minirätsel aufgelockert werden. Der Einfallsreichtum der Entwickler nimmt dabei von Anfang an immer mehr ab: während ihr zu Beginn noch einige Spielereien mit dem Wasserstand treiben durftet, müsst ihr euch am Schluss mit simplen Schaltersuchereien begnügen. Der Grund warum ihr euch trotzdem immer wieder gerne in dunkle Verliese stürzt, sind die…

KÄMPFE - Grandia 2 verfügt nämlich über eines der besten Kampfsysteme aller Zeiten: Die Scharmützel laufen in Echtzeit ab, werden aber für eure Befehle immer wieder unterbrochen. Am unteren, rechten Bildrand erkennt ihr einen Zeitbalken, den Helden(maximal vier) wie Monster immer wieder von links nach rechts durchlaufen. Die Geschwindigkeit hängt dabei von den Fähigkeiten des Helden ab. Ist dann eines eurer Partymitglieder bei dem Punkt „COM“ (=Command) angekommen, dürft ihr ihm eine Aktion zuweisen: Die Standardattacke ist der Doppelschlag: ihr verhaut euren Widersacher mit der zugewiesenen Waffe. Der „Critical Hit“ fügt weniger Schaden zu, unterbricht aber den Feind bei seinen Angriffsvorbereitungen. Im besten Falle könnt ihr so riesige Megaattacken mit einem einfachen Schlag im Keim ersticken. Magie- und Spezialattacken kosten gewöhnlich mehr Vorbereitungszeit, haben aber auch größere Auswirkungen auf das Kampfgeschehen: Ihr lasst mächtige Angriffszauber vom Stapel, erhöht eure Charakterwerte, oder versetzt eure Feinde in Tiefschlaf. Das alles kostet Spezial- bzw. Magiepunkte, die sich während des Kampfes automatisch erhöhen, oder mit speziellen Items aufgestockt werden können. Außerdem besteht noch die Möglichkeit, drohende Angriffe zu blocken, euch neu zu Positionieren, oder zu fliehen (außer in Bosskämpfen). Der Hauptfaktor, der die unglaubliche taktische Tiefe der Kämpfe ausmacht, ist die Bedeutung von Raum und Zeit: wer diese Faktoren richtig einschätzt, lässt seine Gegner ins Leere laufen, oder verpasst ihnen mächtige „Counter- Hits“. Wer das nicht macht- der muss halt öfter heilen.

Übrigens: Grandia 2 kennt keine Zufallskämpfe: ihr entscheidet selbst, ob ihr euch auf eine Schlacht einlasst, oder den Feind geschickt umgeht. Außerdem ist der Kampfverlauf abhängig von eurem Zusammentreffen mit dem Gegner: seid ihr ihm geschickt in den Rücken gefallen gilt „you have Initative“ und ihr dürft zuerst zuhauen. Natürlich geht das auch andersherum: „you were surprised“ lässt euch hilflos zusehen, wie euch Goblins, Schlangen und Co. verkloppen. Leider dürft ihr eure Mitstreiter nicht frei wählen: die Zusammensetzung eurer Party ist storyabhängig.
Alle Facetten des Kampfsystems zu beschreiben, würde den Rahmen dieses Berichts sprengen (und mir auch zu lange dauern), aber ich hoffe, ich konnte euch die Vielschichtigkeit der Schlachten vermitteln. Tatsächlich bietet Grandia 2 das spannendste Kampfsystem, das ich kenne, und war für mich die Hauptmotivation bis ganz zum Schluss. Ich glaube, ich habe keinen einzigen Kampf ausgelassen, oder bin geflohen.

POWER UP - Wie es sich für ein anständiges RPG gehört, lernen eure Recken auch bei Grandia 2 mit der Zeit immer weiter dazu. Die Charakterentwicklung ist teilweise vorgegeben, teilweise dem Spieler überlassen: Für gewonnene Kämpfe bekommt ihr Erfahrungspunkte, Special Coins, Magic Coins, Geld und manchmal Items. Die Erfahrungspunkte lassen euren Liebling genreüblich Level für Level steigen, und erhöhen somit seine Fähigkeiten wie Angriff oder Verteidigung. Special- bzw. Magic Coins stehen zu eurer freien Verfügung: mit ihnen lehrt ihr euren Schützlingen neue Spezialattacken, Zaubersprüche, oder Skills. Letztere verbessern bestimmte Eigenschaften wie Lebenskraft, oder magische Fähigkeiten. Außerdem haben auch Ausrüstungsgegenstände wie Rüstungen, Waffen, oder Schuhe Einfluss auf die Werte des Kriegers.

Das Erfahrungssystem von Grandia 2 ist schnell verstanden, und lässt euch viel taktischen Spielraum: „bringe ich Ryudo nun eine neue Attacke bei, oder verbessere ich eine Alte?“, „bekommt Maregg die fette Kriegsaxt oder spare ich das Geld für eine neue Rüstung?“ Derartige Überlegungen sind spaßig, und der niedrige Schwierigkeitsgrad bestraft euch nicht für kleine Experimente. Ich habe es bis zum Schluss nicht geschafft, alle Attacken voll auszubilden, dass ist aber auch absolut nicht nötig.

TECHNIK - Stilistisch hält sich das Spiel an einen leicht kindlichen (nicht kindischen!) Mangastil. Es dominieren knallbunte Dörfer, bewohnt von knopfäugigen Halbwüchsigen. Das mag Geschmackssache sein, ich finde so was klasse. Leider verfolgt ihr das Geschehen aus einer recht weit entfernten, frei drehbaren Vogelperspektive, die viele Details verschluckt, und das Leveldesign, sowie die Weitsicht stark einschränkt. Die Kämpfe laufen wunderbar flüssig ab, leider können die Teilweise gerenderten Spezialeffekte nicht ganz mit denen vom Kaliber Final Fantasy mithalten. Der Spektakulärste Angriff hört übrigens auf den Namen „Ba-Boom“. Mit dieser nuklearen Riesenexplosion traktiert euch einer der finalen Bosse. Auch die Animationen wirken manchmal etwas hölzern, und an mimische Detailorgien à la „Shenmue“ oder „FF X“ ist gar nicht zu denken. Alles in allem lieferten die Grafiker von GameArts eine solide Arbeit ab, die gegen den Systemkonkurrenten von Sega „Skies of Arcadia“ aber klar den Kürzeren zieht. Akustisch überzeugt Grandia 2 durch teils melancholische, teils dramatische Begleitmusik. Die englischen Sprecher machen ihre Sache sehr ordentlich, auch wenn sie, wie erwähnt, etwas zu selten ans Mikrofon gelassen wurden.

VERGLEICH MIT „SKIES OF ARCADIA“ - Gute Rollenspiele auf dem Dreamcast sind selten: neben den Perlen Grandia 2, Skies of Arcadia und Phantasy Star Online (das man schlecht mit Grandia 2 vergleichen kann, weil es seinen Schwerpunkt auf Onlinegaming legt) gibt es nur noch eine Handvoll mittelmäßiger Titel wie Time Stalkers oder Evolution 1 und 2. Wer also offline fremde Welten erforschen will, der muss sich zwischen den beiden erstgenannten Titeln entscheiden.
Eins vorweg: ich habe Skies of Arcadia weit weniger intensiv gespielt wie Grandia 2, weswegen ich nur ein bedingt kompetentes Urteil aussprechen kann. Das lautet wie folgt: Skies of Arcadia bietet die wesentlich interessantere Szenerie, liebevollere Animationen, bessere Technik und eine originellere Story. Außerdem ist es komplett in Deutsch. Allerdings muss man mit nervigen Zufallskämpfen und einem weniger interessantem Kampfsystem leben. Wer sich für eines entscheiden muss, wählt Skies of Arcadia. Schlussendlich sind allerdings beide Titel ihr Geld wert, und sollten in keiner Sammlung fehlen.



FAZIT: Grandia 2 ist ein einsteigerfreundliches, unterhaltsames RPG, das euch mit liebevollen Charakteren und zahlreichen Aufgaben stundenlang an den Bildschirm fesseln wird. Allerdings werde ich den Eindruck nicht los, dass den Entwicklern gegen Ende des Spiels die Ideen ausgegangen sind. Ihr metzelt einen Boss nach dem anderen, und ärgert euch über unverständliche Storywendungen und langweilige Dialoge. Der Grund, warum ihr auch in der Endphase begeistert weiterspielen werdet ist das geniale Kampfsystem, dass euch durch seine zahllosen Facetten immer wieder aufs neue fordert. Durch die englische Sprache wurde vor allem jüngeren Spielern ein großes Hindernis in den Weg gelegt, das Ältere aber dazu nutzen, ihr Schulenglisch mal wieder etwas aufzubessern. Alles in allem bieten euch die Jungs von GameArts viele Stunden gute Unterhaltung, und leisten sich sowohl spielerisch als auch technisch keine großen Durchhänger. Uneingeschränkt zu empfehlen.

 

+ tolles Kampfsystem
+ liebenswerte Charaktere
+ viel Spiel
+ durchdachte Menüführung

- etwas sparsame Inszenierung (verglichen mit FF)
- sehr linear
- für Profis zu leicht


Gameplay 9.0
Fantastisches Kampfsystem mit eingängiger Menüführung

Spass 8.0
Sympathische Charaktere, abwechslungsreiche Szenarien, Spieldauer: 50h

Grafik 7.5(DC)
Ordentlich detaillierte Schauplätze, schöne Kampfanimationen, hölzerne Gestik, perspektivisch bedingt geringe Weitsicht, schlechte FMVs

Sound 7.0
Abwechslungsreicher Soundtrack, zu wenig Sprachausgabe

Gesamt 8.0

 


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written by "kim jae hoon"