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Bangai-O - Sega Dreamcast

Die Wege des Herrn sind unergründlich. Die des Videospielmarktes auch. Wer heute etwas mehr Geld übrig hat, kann es in eine Shoot'em up Legende investieren und sich Radiant Silvergun in die Vitrine stellen. Oder aber für denselben Betrag 18-mal Bangai-O kaufen. Auf den Mythos muss man dann verzichten, auf heftigen Shmup Spaß nicht. Der Grund, warum man Bangai-O heute nachgeschmissen bekommt, liegt wohl in einem grundsätzlichen Missverständnis zwischen Spiel und Konsument. Schuld daran ist der europäische Publisher. Versteht mich nicht falsch: Swing! Entertainment verdient allen Respekt und Dank dafür, eine der wenigen Treasure Perlen dem Westen zugänglich zu machen ( und damit alle Import-Preistreiber zu demontieren), aber leider ist das mit einer erstaunlichen Ignoranz gegenüber dem Wesen des Spiels geschehen.

Der europäische Durchschnittskunde, der Bangai-O wegen des erwachsenen, stylisch dunklen Covers mit grimmigem Mech drauf kauft, erlebt eine heftige Überraschung, wenn er beim ersten Booten ein durch Kinderkritzeleien entstelltes Treasure- Logo sieht, und wird nach einigen blödsinnigen Dialogen und wirren Charakteren das Spiel verschreckt weglegen. Der westliche Spieler ist ein ernster Zeitgenosse, das Cover des Spiels entspricht diesem Ernst, das Spiel selber nicht. Tja, und so bekam ich also für lächerliche 9€ meine gierigen Finger an diesen Wolf im Schafspelz und hatte viel Spaß damit.

MONTGOMERY, DAS KAMPFSCHAF

Um den wirren, selbstironischen Charakter des Spiels deutlich zu machen, hilft wohl am besten eine kurze Zusammenfassung der Story. Die fiese SF-Kosmo-Gang bedroht das Universum, und scheffelt ein Vermögen durch den Schmuggel von Raumfrüchten. Das können Riki und Mami natürlich nicht zulassen, und ziehen in einem dicken Kampfmech mit dem völlig sinnlosen Titel Bangai-O in den Kampf. Bis hierhin schon reichlich sinnlos, noch  lustiger wird es allerdings, wenn es gegen einen der seltsamen Bosse geht. Der Lehrer Saraman, der versucht Riki wieder in die Schule zu bringen, der Rechtsanwalt Kenjy mit einer Schwäche für Schnecken oder Montgomery, das Schaf aus der Mongolei sind nur ein kleiner Teil von dem Screwball-Irrsinn, der euch am Ende jeder Stage erwartet. Wie gesagt: wer ein pompöses Werk im Stile von Ikaruga erwartet, der wird mit dem respektlosen Selbstverständnis des Spiel so seine Probleme haben, wer aber auf japanische Schwachsinns-Comedy steht, bekommt nicht nur viel zu ballern, sondern auch viel zu lachen.

 

44FACHER BALLERIRRSINN

Die Spielmechanik von Bangai-O  ist weitgehend einzigartig, und sollte deshalb etwas ausführlicher erklärt werden.  Nachdem ihr die krude Standartsteuerung durch die intuitive Multirichtungssteuerung ersetzt habt, geht's auf in eine von 44 recht kurzen 2D Stages. Bangai-O kennt kein Autoscrolling, ihr könnt euch also frei durch die Areale bewegen. Je nachdem ob ihr gerade Riki oder Mami aktiviert habt, feuert ihr entweder Homing Missiles oder Bounce Geschosse auf eure Gegner ab. Es gibt keinerlei Waffenupgrades, allerdings laden alle Detonationen auf dem Bildschirm euren Spezialangriff-Balken auf. Dieser Angriff, von dem ihr maximal fünf sammeln könnt, ist wohl die größte Besonderheit des Spiels, denn er ist progressiver Natur. Auf deutsch heißt das: je mehr Geschosse euch auf die Pelle rücken, und je näher sie euch kommen, desto heftiger wird die entsprechende Konterattacke. Bei gemächlichen Gefechten löst ihr eine müde 40 Schuss Rundumattacke aus, im schlimmsten Fall einen alles niedermähenden 400-Fach Geschossregen. Daraus folgt eine tolle Gameplayfacette, die von euch maximale Risikobereitschaft fordert. Nur wer die Nerven und das Timing hat, eine übermächtige Geschosswelle bis auf wenige Zentimeter heranrücken zu lassen, schafft fette Combos und Scores. Am Schluss wartet noch einer der erwähnten Bosse in seinem Raumschiff auf eine Abreibung. Diese sind allesamt keine große Herausforderung, eher zur Belustigung da und manchmal sogar völlig wehrlos.

Das Gameplay ist sehr sehr schnell, sehr eingängig und verdammt fesselnd. Bei 44 Stages setzt sofort das wunderbare "nur-eine-noch-Syndrom" ein, das euch bis tief in die Nacht bei der Stange hält. Dazu kommt noch das extrem packende Kontersystem, dass eure Risikobereitschaft mit absolut bombastischen Explosionsorgien belohnt. Allerdings gibt's auch eine Kleinigkeit zu meckern: als Treasure 2D Shmup spricht Bangai-O eigentlich eher die Hardcoregamer Fraktion an, und diese werden von dem Spiel leicht unterfordert. Da ein Konter fast immer zur Verfügung steht und richtig angewendet wirklich ALLE Feindgeschosse abräumt, ist das präzise Ausweichen eigentlich Überflüssig. Wer das richtige Timing raushat, ballert sich ohne anzuhalten problemlos selbst durch die letzte Stage. Aber dieses Kleine Defizit wird durch die schiere Masse an Levels locker wieder wettgemacht. Bis der Abspann über den Bildschirm flimmert haben auch echte Cracks einige Tage ihren Spass.

IT'S MANIC!!!!

Technisch ist Bangai-O konsequent auf fetten Spriteoverkill ausgerichtet. Euer Mech ist wie alle anderen Objekte erstaunlich klein und unscheinbar, einzelne Explosionen fast schon steril.
Dafür ist die Masse am gleichzeitig berechneten Sprites absolut rekordverdächtig. Eine gute Konterattacke treibt den kleinen Explosionscounter (zählt Explosionen auf dem Schirm) manchmal jenseits der 600 Stück. Dazu noch herumfliegende Partikel, Mechs, Raketen, Projektile und ihr bekommt eine ungefähre Vorstellung was euch erwartet. Bangai-O scheint oft den Fernseher zum bersten zu bringen und steht für kompromisslosen Ballerirrsinn, wie ihr ihn so ganz sicher noch nie gesehen habt. Diese Projektilorgie zwingt die 200mHz des DC nicht selten in die Knie, und sorgt dafür, dass ihr die gigantischen Ausmaße der Zerstörung in Zeitlupe genießen könnt. Wer das Spiel beendet wird übrigens mit einem versteckten Menü belohnt, das den Spritewahnsinn noch ein Stück weiter treibt. Die SFX reichen von gewöhnlichen Explosionseffekten, die das oben beschriebene Szenario eindrucksvoll untermalen, bis zu wirren Soundsamples vom japanischen Kommentar bis zum miauen einer Bosskatze. Die BGM sind bis auf wenige Ausnahmen sehr poppig und sympathisch und tragen viel zum sinnfreien Ballercharme bei. Allerdings werden auch hier wieder einige Puristen ihre Probleme haben, wenn ein Boss Treffer mit einem "Määäääh" kommentiert

 

TO BUY OR NOT TO BUY- THAT IS THE QUESTION…

Es sind diese kleinen Meisterwerke die Treasure so sympathisch machen. Im Gegensatz zu ernsteren Spielen wie Sin&Punishment oder Ikaruga zeigen die Japaner mit Bangai-O , dass man Videospiele nicht immer sooo furchtbar ernst nehmen muss, wie es uns manche Publisher glauben machen wollen. Wenn eine Anzeige in einer Spielezeitschrift Richard Nixon zitiert wirkt das doch etwas lächerlich. Umso beeindruckender ist die Tatsache, dass hinter der knallbunten Fassade ein intuitives, eingängiges Gameplay steckt, das wie kein anderes Spiel in den letzten Jahren frischen Wind ins Shootergenre bläst. Außerdem sorgt das tolle Kontersystem für visuelle Wow!-Effekte am laufenden Band. Bangai-O bietet definitiv jede Menge Ballerspaß für kleines Geld, und sollte nicht nur weil man es fast geschenkt bekommt in keiner DC Sammlung fehlen.

 

Fazit

RATING: 8.5/10

Grafik: 10 / 10
Sound: 9/ 10
Motivation: 8 / 10
Spielspaß: 9 / 10
Gesamtwertung: 9 / 10

 



 

2004 kim jae hoon
für www.Multikonsolero.de